Was ist die Arbeitnehmerhaftung?
Wer Fehler macht – egal ob absichtlich oder unabsichtlich – muss nach dem BGB grundsätzlich für die finanziellen und sonstigen Folgen haften. Fahren Sie beispielsweise jemanden an, sind Sie in der Haftpflicht. Ohne Versicherung müssten Sie den Schaden also aus eigener Tasche zahlen. Ähnlich sieht es im Arbeitsverhältnis aus, wobei es bei der Arbeitnehmerhaftung in der Praxis diverse Besonderheiten gibt.
Wann haften Arbeitnehmer?
Arbeitnehmer sind nicht grundsätzlich von der Schadensersatzpflicht befreit. Auch sie müssen also grundsätzlich für ihre Schäden geradestehen. Allerdings ist das Arbeitsverhältnis auf Dauer angelegt, wodurch sich Fehler nie gänzlich vermeiden lassen. Außerdem wären Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schnell mit den wirtschaftlichen Folgen überfordert, wenn sie selbst für kleinste Schäden unmittelbar in die Haftung genommen würden.
Zusätzlich berücksichtigen die Gerichte, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer überhaupt erst in die Lage versetzt, Schäden zu begehen. Diese Folgerung ist Ausfluss des Weisungsrechts, das dem Arbeitgeber zusteht.
Beispiel: Sie sind Lkw-Fahrer und bauen auf dem Betriebshof einen Unfall. Ohne die Anweisung des Arbeitgebers wären Sie aber gar nicht erst auf den Hof gefahren – und hätten in der Folge auch keinen Unfall verursachen können.
Die Arbeitnehmerhaftung hängt vom Verschulden ab
Im Lauf der Zeit haben sich in der Rechtssprechung der Arbeitsgerichte und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) drei „Verschuldensstufen“ entwickelt, die entscheidend für die Arbeitnehmerhaftung sind:
- Stufe 1: Leichte Fahrlässigkeit. Hier haften Arbeitnehmer gar nicht für die Folgen eines Schadens, der Arbeitgeber übernimmt die Kosten
- Stufe 2: Mittlere Fahrlässigkeit. In diesen Fällen teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Kosten. Dabei muss die Aufteilung nicht hälftig sein. Stattdessen wird sie danach bemessen, inwieweit die jeweilige Seite an der Entstehung des Schadens beteiligt war
- Stufe 3: Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Hier ist der Arbeitgeber „raus“ – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haften in voller Höhe für die von ihnen verursachten Schäden
Was ist Fahrlässigkeit? Fahrlässig handelt, wer die „im Verkehr gebotene Sorgfalt (bei grober Fahrlässigkeit: „…in besonderem Umfang…“) außer Acht lässt“, also unvorsichtig oder unüberlegt handelt. Vorsatz liegt dagegen vor, wenn Sie absichtlich und bewusst vorgehen.
Wer trägt die Beweislast?
Auch im Prozess gibt es bei der Arbeitnehmerhaftung einige Erleichterungen. Denn hier muss nicht der Arbeitnehmer seine Unschuld beweisen, sondern der Arbeitgeber muss belegen können, dass der Mitarbeiter den Schaden schuldhaft verursacht hat (§ 619a BGB).
Gibt es eine Obergrenze bei der Arbeitnehmerhaftung?
Das BAG hat in seinen Entscheidungen immer wieder betont, dass es keine pauschale Obergrenze bei der Arbeitnehmerhaftung gibt. Besonders bei Vorsatz wäre eine solche auch unangemessen, weil sie den Arbeitnehmer gewissermaßen noch für sein Fehlverhalten „belohnen“ würde, so die Entscheidung der Richter.
Anders sieht es aber bei einfacher und mittlerer Fahrlässigkeit aus. Ist ersteres der Fall, orientieren sich die Arbeitsgerichte bei der Obergrenze an einem Monatsbruttogehalt. Bei mittlerer Fahrlässigkeit kommen in der Regel bis zu drei Monatsgehälter als Obergrenze für die Arbeitnehmerhaftung in Betracht.