Was ist die Sozialauswahl?
Bei betriebsbedingten Kündigungen spielt die sogenannte Sozialauswahl eine entscheidende Rolle. Mit ihr bestimmt der Arbeitgeber, bei welchen Mitarbeitern die Folgen der Kündigung mehr und bei welchen sie weniger gravierend ausfallen. Die entsprechenden Vorschriften finden sich in den ersten Paragrafen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), das für alle Betriebe mit mehr als zehn Arbeitnehmern gilt.
Grundlagen der Sozialauswahl
Bei einer betriebsbedingten Kündigung kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines oder mehrerer Arbeitnehmer auflösen, wenn er für die entsprechenden Mitarbeiter keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr hat. Dabei ist es in vielen Unternehmen so, dass mehrere Mitarbeiter die jeweilige Tätigkeit ausüben oder zumindest durch eine Einarbeitung oder Umschulung dazu befähigt werden können.
Um tatsächlich nur die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter mit den geringsten Folgen der Kündigung zu entlassen, dürfen Kündigungen nicht sozial ungerechtfertigt sein (§ 1 KSchG). Der Arbeitgeber muss also anhand verschiedener Merkmale wie Alter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten prüfen, bei wem die Kündigung die wenigsten Auswirkungen hätte. Das entsprechende Verfahren wird Sozialauswahl genannt.
Durchführung der Sozialauswahl
Zunächst muss der Arbeitgeber alle Mitarbeiter, die für die betriebsbedingte Kündigung infrage kommen würden, in einer sogenannten „Vergleichsgruppe“ gegenüberstellen. In die Vergleichsgruppe dürfen nur Beschäftigte einbezogen werden, die tatsächlich miteinander vergleichbar sind, nicht also etwa Führungskräfte und Azubis gemeinsam.
Anschließend verteilt der Arbeitgeber Sozialpunkte nach folgenden Kriterien, wobei er sachlich und objektiv vorgehen sowie alle Kriterien gleichmäßig gewichten muss:
- Lebensalter
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Unterhaltspflichten
- Schwerbehinderung
Wer am wenigsten Sozialpunkte zugewiesen bekommt, darf betriebsbedingt gekündigt werden. Für alle anderen Mitarbeiter besteht Kündigungsschutz nach dem KSchG.
Zusätzlich muss der Arbeitgeber noch § 1 Abs.3 KSchG beachten. Besteht ein besonderes betriebliches Interesse an der Weiterbeschäftigung, etwa wegen herausragender Fähigkeiten, Leistungen oder Kenntnissen, ist der oder die Beschäftigte von der Sozialauswahl ausgenommen. Die Folge ist, dass der nächste Mitarbeiter, also der mit den zweitwenigsten Sozialpunkten, gekündigt wird.
In einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag können konkrete Durchführungsvorgaben festgelegt werden. So gewinnen einzelne Merkmale gegebenenfalls mehr an Bedeutung als andere.
Praktisches Beispiel zur Sozialauswahl
In einer Betriebsvereinbarung wurde folgendes Punkteschema festgelegt:
- Lebensalter: Ein Sozialpunkt pro Lebensjahr
- Betriebszugehörigkeit: Zwei Sozialpunkte je Beschäftigungsjahr
- Unterhaltspflichten: 10 Sozialpunkte pro Kind und – falls gesetzliche Unterhaltspflichten vorliegen – 15 Punkte für den Ehegatten
- Schwerbehinderung: 0,5 Sozialpunkte je Grad der Behinderung
Der Mitarbeiter ist 50 Jahre alt, seit 20 Jahren im Betrieb beschäftigt, hat zwei Kinder und einen Grad der Behinderung von 20. Es ergibt sich folgende Berechnung: 50 Jahre x ein Punkt plus 20 Jahre x zwei Punkte plus zwei Kinder x zehn Punkte plus Grad der Behinderung von 20 x 0,5 Punkte. So kommt der betroffene Beschäftigte auf einen objektiven Gesamtpunktewert von 120 Punkten, der allen anderen Mitarbeitern der Vergleichsgruppe gegenüberzustellen ist.