Was ist eine Interessenabwägung?
Die Interessenabwägung bei der Kündigung ist ein Thema, das neben Arbeitgebern und Arbeitnehmern auch immer wieder die Gerichte beschäftigt. Sie wird auch als „Verhältnismäßigkeitsprüfung“ bezeichnet und dient der Gegenüberstellung der Interessen des Arbeitnehmers und der Gründe für die Kündigung. Denn nur wenn die Interessen des Arbeitgebers überwiegen, kann eine Kündigung wirksam sein.
Wann muss die Interessenabwägung erfolgen?
Eine Kündigung darf nicht sozial ungerechtfertigt sein – so schreibt es § 1 Abs.1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ausdrücklich vor. Dabei spricht das Gesetz nicht von bestimmten Arten der Kündigung, wodurch es grundsätzlich für alle außerordentlichen und ordentlichen Kündigungen gilt. Hintergrund der Interessenabwägung ist, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer durch die Auflösung des Arbeitsvertrags nicht übermäßig stark belastet werden darf.
Kurz gesagt: Eine Kündigung kann nur wirksam sein, wenn sie das mildeste Mittel darstellt und die sozialen und wirtschaftlichen Folgen beim Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt wurden.
Diese Punkte gilt es zu beachten
Zunächst kommt es bei der Interessenabwägung auf die Art der Kündigung – außerordentlich oder ordentlich – an.
Eine außerordentliche Kündigung ist immer dann gerechtfertigt, wenn der Verstoß des Arbeitnehmers so schwer wiegt, dass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Besonders bei Straftaten am Arbeitsplatz, etwa der sexuellen Belästigung von Kolleginnen, wiegen die Interessen des Betriebs regelmäßig schwerer als die des Beschäftigten. Auch hier muss der Arbeitgeber aber die Schwere der Pflichtverletzung und die Dauer der störungsfreien Zeit in seine Entscheidung einbeziehen.
Bei einer ordentlichen Kündigung sind die Voraussetzungen wesentlich strenger, da der oder die Beschäftigte hier nicht zwingend eine Mitschuld an der Kündigung trägt. Folgende Punkte gilt es daher bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Alter und ggf. Behinderung des Arbeitnehmers
- Unterhaltspflichten
- Besondere, im Einzelfall vorliegende Bedürfnisse
Sollen mehrere Beschäftigte betriebsbedingt entlassen werden, muss der Arbeitgeber einen Sozialplan aufstellen. In ihm legt er die Kündigungsreihenfolge anhand sozialer Kriterien fest. So haben Beschäftigte mit Unterhaltspflichten etwa Vorrang vor Mitarbeitern ohne diese Obliegenheiten.
Wann ist eine Kündigung unverhältnismäßig?
Die Arbeitsgerichte legen die Voraussetzungen des KSchG tendenziell sehr streng aus. Hintergrund ist, dass eine Kündigung vonseiten des Arbeitgebers nahezu immer eine große finanzielle und persönliche Belastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darstellt.
Daher sind fristlose Kündigungen wegen kleinerer Pflichtverstöße etwa nicht zulässig, selbst wenn der Arbeitgeber eine ausführliche Begründung vorschiebt. Hier muss der Arbeitnehmer zunächst abgemahnt werden und Gelegenheit zur Besserung seines Verhaltens bekommen. Eine Kündigung ist außerdem immer dann unverhältnismäßig, wenn Mitarbeiter mit höherem Schutzbedarf vor Beschäftigten mit geringem Schutzbedarf gekündigt werden.
Im Zweifel: Kündigungsschutzklage! Sie muss innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen und führt dazu, dass das Gericht alle vom Arbeitgeber vorgetragenen Kündigungsgründe ausführlich prüft. War die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht interessensgerecht, hebt das Arbeitsgericht die Kündigung auf.