Jeder Arbeitsvertrag beinhaltet Rechte und Pflichten der jeweiligen Vertragsparteien. Verletzt eine der beiden Parteien ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, kann die jeweils andere Seite eine Abmahnung aussprechen. Das ist mündlich und schriftlich möglich, wobei aus Beweisgründen die schriftliche Abmahnung in der Praxis üblicher ist. Die Abmahnung ist von der reinen „Ermahnung“, die keine rechtliche Wirkung hat, zu unterscheiden, und zeichnet sich durch drei Merkmale aus:
- Der Arbeitgeber rügt das Verhalten des Arbeitnehmers und bezeichnet den Pflichtverstoß dabei genau
- Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer wird explizit dazu aufgefordert, das gerügte Verhalten in Zukunft einzustellen
- Auf die Folgen eines erneuten Verstoßes, üblicherweise die Kündigung, wird hingewiesen
Mit der Abmahnung weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf sein vertragswidriges Verhalten hin und gibt ihm gleichzeitig die Gelegenheit, dieses in Zukunft zu unterlassen. Das Dokument hat damit zum einen eine deutliche Signalwirkung, zum anderen wäre es unverhältnismäßig, sofort eine Kündigung auszusprechen. Eine Abmahnung darf nur dann unterbleiben, wenn der Grund so schwer wiegt, dass dem Arbeitgeber eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Besonders wichtig ist die genaue Bezeichnung des vorgeworfenen Verstoßes. Kommt der Arbeitnehmer etwa regelmäßig zu spät, reicht als Begründung „häufige Verspätungen“ nicht aus. Der Arbeitgeber muss vielmehr genau bezeichnen, wann (Tag und Uhrzeit) der Arbeitnehmer zu spät auf die Arbeit kam. Nur so ist die Abmahnung gerichtlich nachprüfbar.
Besonders häufige Gründe für eine Abmahnung durch den Arbeitgeber sind:
- Alkoholkonsum am Arbeitsplatz oder außerhalb der Arbeitszeit mit Auswirkung auf die Tätigkeit (Stichwort: Restalkohol)
- Nicht- oder Schlechtleistung, etwa durch absichtliches Ignorieren von Anweisungen
- Unpünktlichkeit
Für den Ausspruch einer Abmahnung gibt es keine Frist. Der Arbeitgeber kann Sie auch mehrere Monate nach dem Fehlverhalten noch dafür abmahnen, was aber aus mehreren Gründen keinen Sinn ergibt:
- Je später die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer abgemahnt wird, desto weniger Möglichkeiten hat er, sein Verhalten anzupassen. Die Abmahnung sollte daher zeitnah ausgesprochen werden
- Die Abmahnung ist Voraussetzung für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung. Hat der Arbeitgeber diese im Sinn, wäre es unschlüssig, warum er sich mit der Abmahnung länger als nötig Zeit lässt
- Durch die Abmahnung ist der Vorfall, wegen dem sie ausgesprochen wird, „abgegolten“. Der Arbeitgeber darf den Beschäftigten also nicht wegen desselben Ereignisses kündigen, sondern erst bei einem erneuten, gleich gelagerten Pflichtverstoß
Aus den genannten Gründen ist es gängige Praxis, Abmahnungen möglichst zeitnah nach einem Pflichtverstoß auszusprechen.
Die Abmahnung ist eine der Grundvoraussetzungen für die verhaltensbedingte Kündigung. Allerdings ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, wie viele Abmahnungen bis zur Entlassung notwendig sind. Es steht vielmehr im Ermessen des Arbeitgebers, ob er seinem Mitarbeiter eine oder mehrere Chancen einräumt.
Die meisten Arbeitgeber beziehen die Umstände des Einzelfalls ein. Folgen viele Verstöße eng aufeinander, kommt es schneller zu einer verhaltensbedingten Kündigung, als wenn sich der Mitarbeiter das Fehlverhalten nur alle paar Monate leistet. Suchen Sie hier in jedem Fall den Dialog mit Ihrem Arbeitgeber und schalten Sie bei Unsicherheiten einen Anwalt ein.
Grundsätzlich haben Sie jederzeit die Möglichkeit, einer Abmahnung zu widersprechen. Von diesem Recht sollten Sie immer dann Gebrauch machen, wenn die dargestellten Tatsachen nicht der (ganzen) Wahrheit entsprechen oder Sie der Meinung sind, der entsprechende Vorfall rechtfertigt noch keine Abmahnung. Durch eine Gegendarstellung, die der Arbeitgeber zu berücksichtigen hat, können Sie die Abmahnung verhindern. Beachten Sie aber, dass Sie hier in der Beweispflicht sind.
Neben dem Widerspruch und der Gegendarstellung können Sie auch gerichtlich gegen die Abmahnung vorgehen. Hier sollten Sie aber beachten, dass eine Klage das Vertrauen zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber erheblich beeinträchtigen oder sogar zerstören kann. Entscheiden Sie sich daher nur im Ausnahmefall für den Weg über das Arbeitsgericht.