Unter der außerordentlichen Kündigung – dem Gegensatz zur ordentlichen Kündigung – werden im Arbeitsrecht zwei Formen der Kündigung verstanden:
- Kündigung ohne Einhaltung der sonst üblichen Kündigungsfrist (fristlose Kündigung)
- Entlassung eines ordentlich nicht kündbaren („unkündbaren“) Mitarbeiters
Die Rechtsgrundlagen für die Kündigung – und damit auch für die außerordentliche – finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). § 622 BGB regelt dabei den Grundfall, also die ordentliche Kündigung und die dazugehörigen Fristen. Außerdem sind hier die Kündigungsmodalitäten während einer vertraglich vereinbarten Probezeit, die in der Regel in den ersten sechs Monaten relevant sind, geregelt.
In § 626 Abs.1 BGB ist die außerordentliche Kündigung normiert. Für sie braucht sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer einen „wichtigen Grund“. Dieser Grund muss so gravierend sein, dass es der jeweiligen Vertragspartei nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist weiterzuführen. Je länger die Kündigungsfrist und je schwerwiegender der Grund, desto besser stehen die Chancen auf eine wirksame außerordentliche Kündigung.
In der Praxis am häufigsten ist die außerordentliche Kündigung aufgrund eines Fehlverhaltens der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers. Hier kommt es in der Regel zu einem Vertrauensverlust seitens des Arbeitgebers, der dazu führt, dass das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortgesetzt werden kann. Dennoch sind die Hürden hoch und der Arbeitgeber muss im Wesentlichen fünf Voraussetzungen beachten, die gemeinsam erfüllt sein müssen:
- Gravierender Pflichtverstoß: Eine einmalige Verspätung, ein kleinerer Fehler oder einmal restalkoholisiert auf der Arbeit zu erscheinen, rechtfertigt keine fristlose Kündigung. Hier ist das Vertrauen nicht endgültig verloren gegangen. Eine Abmahnung reicht also zunächst aus. Gravierende Verstöße sind etwa Diebstahl beim Arbeitgeber, sexuelle Belästigung von Kolleginnen oder die vorsätzliche Schädigung eines Kunden.
- Schuld: Der Arbeitnehmer muss schuld an dem entsprechenden Vorfall sein oder zumindest eine Mitschuld tragen. Bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz ist dieser Punkt meist erfüllt.
- Mildestes Mittel: Auch die fristlose Kündigung muss das mildeste Mittel, also verhältnismäßig, sein. Gibt es eine andere, weniger einschneidende Maßnahme, die aber denselben Effekt hat (etwa Zwangsversetzung, Freistellung oder Vertragsstrafe), muss der Arbeitgeber dieses Mittel wählen. Die Kündigung ist immer der letzte Ausweg.
- Interessenabwägung: Die Interessen des Arbeitgebers müssen schwerer wiegen als die der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers. Je mehr soziale Gründe aufseiten des Arbeitnehmers vorliegen, desto schwerer wird es der Arbeitgeber hier haben.
- Frist: Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrunds ausgesprochen werden (§ 626 Abs.2 BGB). Hält der Arbeitgeber diese Frist nicht ein, verhält er sich widersprüchlich, da dann davon ausgegangen werden kann, dass der Kündigungsgrund weniger schwer als behauptet wiegt.
Die Zwei-Wochen-Frist verschiebt sich in bestimmten Fällen nach hinten. Das ist etwa der Fall, wenn ein Strafverfahren gegen den Arbeitnehmer läuft oder der Arbeitgeber den Sachverhalt, der dem Kündigungswunsch zugrunde liegt, erst noch aus ermitteln muss. Hier beginnt die Frist erst, wenn das Urteil vorliegt bzw. wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind.
Auch wenn sie hier nicht so genannt wird, können Sie als Arbeitnehmer ebenfalls die verhaltensbedingte Kündigung gegenüber Ihrem Arbeitgeber aussprechen. Das ist beispielsweise möglich, wenn der Arbeitgeber mit mehreren Gehaltszahlungen im Verzug ist, Sie mobbt oder seinen Arbeitsschutzpflichten nicht nachkommt. In diesem Fall haben Beschäftigte einen wichtigen Grund, der von den Arbeitsgerichten auch akzeptiert wird.
Bestimmte Mitarbeiter sind nicht mehr ordentlich kündbar. Das kann der Fall sein, wenn sie besonders lange im Unternehmen beschäftigt sind und der Tarifvertrag eine Unkündbarkeit vorsieht, oder wenn sie bestimmte Aufgaben übernehmen. So darf der Arbeitgeber einen Betriebsrat oder den Datenschutzbeauftragten beispielsweise nicht mehr ordentlich kündigen. Hier kommt nur noch due außerordentliche Kündigung in Betracht.
Einige Beispiele:
- Betriebsbedingte außerordentliche Kündigung: Betriebsschließung, Verlagerung ins Ausland oder wirtschaftliche Notlage
- Personenbedingte außerordentliche Kündigung: Nicht- und erhebliche Schlechtleistung, lange krankheitsbedingte Ausfälle
- Verhaltensbedingte Kündigung: Regelmäßige Pflichtverstöße, die keine fristlose Kündigung ermöglichen, Vertrauensbruch
Werden unkündbare Mitarbeiter außerordentlich gekündigt, muss der Arbeitgeber mindestens die Kündigungsfrist einhalten, die er auch einhalten müsse, wenn es sich nicht um ein unkündbares Arbeitsverhältnis handeln wurde. Diese Fristen sind in § 622 Abs.2 BGB geregelt und dauern bis zu zwei Jahre.
Nein. Die kündigende Vertragspartei hat nicht die Pflicht, der jeweils anderen Partei den Kündigungsgrund mitzuteilen. Wichtig ist aber, dass er zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegt.
Als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer können Sie von Ihrem Arbeitgeber fordern, Ihnen den Grund für die Entlassung mitzuteilen. Kommt er diesem Wunsch nicht nach, bleibt die Kündigung wirksam, Sie können aber dann zu Ihren Gunsten von einer grundlosen Kündigung ausgehen. Spätestens vor dem Arbeitsgericht muss der Arbeitgeber die Gründe nennen, da er ansonsten das Verfahren verlieren würde.
Haben Sie als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer die außerordentliche, gegebenenfalls sogar fristlose, Kündigung Ihres Arbeitgebers erhalten, haben Sie zwei Möglichkeiten. Sie können die Entscheidung akzeptieren, etwa wenn Sie sich sicher sind, dass der Arbeitgeber korrekt gehandelt hat. Haben Sie aber Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung, können Sie gegen sie vorgehen.
Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen. Verpassen Sie diese Frist, gelten Sie als mit der Kündigung einverstanden – eine rechtliche Handhabe besteht dann nicht mehr! Letzteres gilt sogar dann, wenn die Kündigung objektiv nicht hätte ausgesprochen werden dürfen.
Verfahren vor dem Arbeitsgericht laufen im Allgemeinen etwas anders ab als normale Zivilverfahren. Denn während bei Letzteren der Verlierer alle Kosten – auch die der Gegenseite – zu tragen hat, übernimmt im Kündigungsschutzverfahren jede Partei ihre Anwalts- und Gerichtsgebühren selbst.
Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber vermeiden möchte, dass gekündigte Arbeitnehmer zusätzlich zu den wirtschaftlichen Folgen ihrer Kündigung noch mit den Auslagen ihres Arbeitgebers belastet werden. Allerdings sind derartige Vorschriften nicht einseitig (zu Ungunsten der Arbeitgeber) möglich, ohne gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz des Art.3 GG zu verstoßen. Daher wurde die aktuell gültige Regelung gewählt.