Verhaltensbedingte Kündigung: Das gilt jetzt für Sie
Autor:
Stephanie Prinz
Redaktion
|
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Inhaltsübersicht
Das Wichtigste zum Thema "Verhaltensbedingte Kündigung"
Die verhaltensbedingte Kündigung – eine Form der ordentlichen Kündigung – darf der Arbeitgeber aussprechen, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht
Bei der verhaltensbedingten Kündigung gelten die normalen Kündigungsfristen. Anders sieht es lediglich dann aus, wenn die Kündigung fristlos erfolgt – hier braucht es aber einen besonders schwerwiegenden Grund
Alle Punkte, die der Arbeitgeber vorträgt, müssen gerichtlich nachprüfbar sein. Hierzu können Sie mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Entscheidung Ihres Arbeitgebers vorgehen
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1Was ist eigentlich eine verhaltensbedingte Kündigung?
Im Arbeitsrecht wird – so regelt es das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) – wird zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen, oft fristlosen, Kündigung unterschieden. Als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer können Sie Ihr Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats kündigen, ohne dass es dafür einen besonderen Grund braucht (§ 622 Abs.1 BGB). Liegt ein wichtiger Grund vor, dürfen Sie auf die Einhaltung dieser Frist verzichten (§ 626 BGB).
Seitens des Arbeitgebers sieht es aber anders aus. Er braucht für eine Kündigung immer einen Kündigungsgrund, den er im Zweifel auch vor dem Arbeitsgericht beweisen muss. Dabei bestehen folgende Formen der ordentlichen Kündigung:
Betriebsbedingte Kündigung
Personenbedingte Kündigung
Verhaltensbedingte Kündigung
Ausnahme:
Die fristlose Kündigung. Hier benötigt der Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer einen „wichtigen Grund“, aus dem ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist.
Unter der verhaltensbedingten Kündigung wird die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer vorwerfbaren Arbeitspflichtverletzung verstanden.
2Die Voraussetzungen für die verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung darf nicht „von heute auf morgen“ ohne sorgfältige Prüfung ausgesprochen werden. Vielmehr müssen vier zentrale Voraussetzungen erfüllt sein:
Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer muss eine Arbeitspflichtverletzung, also einen Vertragsbruch, begangen haben
Die Pflichtverletzung muss vorwerfbar sein, was bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz der Fall ist
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer abgemahnt und ihm die Möglichkeit der Verbesserung seines Verhaltens gegeben haben
Die Kündigung muss verhältnismäßig sein; die Interessen des Arbeitgebers müssen also schwerer wiegen als die des Arbeitnehmers
Besonders der letzte Punkt führt oft zu Auseinandersetzungen. Wird der Arbeitnehmer durch die Kündigung etwa in existenzielle Nöte gebracht, wiegen seine finanziellen Interessen meist schwerer als die des Arbeitgebers. Hier sollten Sie sich in jedem Fall anwaltliche Unterstützung einholen und den Sachverhalt prüfen lassen – haben Sie eine berufliche Rechtsschutzversicherung, übernimmt diese die Anwalts- und Gerichtsgebühren.
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Die Arbeitspflichtverletzung
Unter den Begriff der Arbeitspflichtverletzung fallen alle Verstöße gegen die im Arbeitsvertrag geregelten Pflichten des Arbeitnehmers. Dabei spielen sowohl innerdienstliche Fehlverhalten (= während der Arbeitszeit) als auch außerdienstliche Handlungen (= in der Freizeit) eine Rolle. Letztere sind aber wesentlich seltener und kommen etwa bei übler Nachrede oder einer Nebentätigkeit in Konkurrenzbetrieben infrage.
Gerichtlich anerkannte Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung aufgrund einer Arbeitspflichtverletzung sind etwa:
Beleidigung von Vorgesetzten und Kollegen
Absichtliche Minder- oder Nichtleistung (Arbeitsverweigerung)
Verspätung oder zu frühes Verlassen des Arbeitsplatzes
Diebstahl und Betrug des Arbeitgebers
Alkohol- oder Drogenkonsum im Dienst oder außerhalb des Dienstes, wenn in letzterem Fall die Arbeitsleistung beeinträchtigt wird
Sonstige Verstöße gegen die betriebliche Ordnung
Dabei gilt der Grundsatz: Dem Arbeitgeber muss ein Schaden entstehen oder die Entstehung des Schadens muss wahrscheinlich sein. Ist ein Mitarbeiter etwa leicht restalkoholisiert, erfüllt er seine Pflichten aber dennoch mit Bravour, liegt keine Arbeitspflichtverletzung vor – immerhin ist dem Arbeitgeber kein Schaden entstanden. Anders sieht es bei anhaltendem Alkoholkonsum und stetig abfallenden Leistungen aus.
Hinweis:
Der Begriff „Arbeitspflichtverletzung“ erfordert wegen der Vielzahl der möglichen Verstöße immer eine sorgfältige Einzelfallprüfung. „Offensichtlich“ ist ein Fall nur selten.
Die Vorwerfbarkeit der Arbeitspflichtverletzung
Die Arbeitspflichtverletzung muss vorwerfbar sein, als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer müssen Sie also eine Mitschuld daran tragen, dass es zum Verstoß kam. Dabei wird zunächst zu Ihren Ungunsten davon ausgegangen, dass Sie entweder grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt haben.
Können Sie allerdings nachweisen, dass die Pflichtverletzung entschuldbar ist, kehrt sich diese Beweislast um. Nun muss der Arbeitgeber beweisen, dass Ihre Aussage bzw. Ihr erbrachter Nachweis falsch oder unglaubwürdig ist.
Beispiele:
Sie erscheinen nicht zur Arbeit. Ihr Arbeitgeber spricht nach Abmahnung die verhaltensbedingte Kündigung aus. Sie weisen durch ein Attest nach, dass Sie tatsächlich krank waren und deshalb nicht zum Dienst erscheinen konnten – die Kündigung ist unwirksam. Sollte der Arbeitgeber allerdings feststellen und belegen können, dass es sich um ein „Gefälligkeitsattest“ handelt, wäre die Kündigung zulässig – in der Praxis gelingt dieser Nachweis allerdings kaum.
Sie werden aufgrund von Alkoholmissbrauch gekündigt. Durch ein ärztliches Gutachten weisen Sie allerdings nach, dass Sie alkoholkrank sind. Krankheit ist kein vorwerfbarer Pflichtverstoß, Sie sind allerdings in der Pflicht, alles Ihnen Zumutbare zu unternehmen, um Ihre Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Weigern Sie sich etwa, an einer vom Arbeitgeber angebotenen Entzugstherapie teilzunehmen, kann der Pflichtverstoß in dieser Verweigerung liegen.
Die vorherige Abmahnung
Die verhaltensbedingte Kündigung ist grundsätzlich das letzte Mittel des Arbeitgebers, denn sie ist bereits aus finanzieller Sicht mit erheblichen Belastungen für den Arbeitnehmer verbunden. Insbesondere bei anhaltendem Fehlverhalten muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter daher die Möglichkeit geben, sein Verhalten zu ändern und die Pflichtverstöße einzustellen. Dabei steht ihm das Mittel der Abmahnung zur Verfügung. Sie muss enthalten:
Konkrete Bezeichnung des Pflichtverstoßes (Datum, Ort, Zeit, verletzte Vertragspflicht)
Verbesserungsmöglichkeit (Was muss der Arbeitnehmer tun, um künftig keine Pflicht mehr zu verletzen?)
Folge bei erneutem Fehlverhalten (in der Regel die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung)
Außerdem muss die Abmahnung dem Arbeitnehmer tatsächlich zugehen, um wirksam zu werden. Wegen eines Pflichtverstoßes, aufgrund dessen der Mitarbeiter abgemahnt wurde, darf er nur gekündigt werden, wenn er dasselbe Fehlverhalten erneut an den Tag legt. Unzulässig und dem Zweck der Abmahnung widersprechend wäre es etwa, den Arbeitnehmer heute wegen einer Verspätung vor einer Woche abzumahnen und ihn morgen zu entlassen, obwohl er kein weiteres Mal zu spät kam.
Die Verhältnismäßigkeitsprüfung/Interessenabwägung
Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung müssen die Interessen des Arbeitgebers gegen die des Arbeitnehmers abgewogen werden. Für den Arbeitgeber sprechen dabei beispielsweise:
Das zerstörte Vertrauen in den Mitarbeiter
Reduzierte Einsatzmöglichkeiten im Betrieb
Die hohe Wahrscheinlichkeit eines erneuten Verstoßes
Für den Arbeitnehmer können dagegen folgende Aspekte sprechen:
Unterhaltspflichten, denen er ohne den Job nicht mehr nachkommen kann
Lange, unbeschadete oder sogar herausragend ausgeführte Tätigkeit
Schwerbehinderung, Krankheit und ähnliche Beeinträchtigungen
Es gilt:
Nur wenn die Interessen des Arbeitgebers schwerer wiegen als die der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers, kommt die verhaltensbedingte Kündigung infrage. Alle Punkte, die der Arbeitgeber vorträgt, sowie sämtliche Interessen des Arbeitnehmers müssen gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbar sein. Denn im Zweifel übernimmt das Arbeitsgericht die Interessensabwägung.
3Die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Die Agentur für Arbeit kann bei Kündigungen aller Art eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld Ifür bis zu zwölf Wochen verhängen, wenn der Arbeitnehmer selbst zu seiner Kündigung beigetragen hat. Das ist etwa bei verhaltensbedingten (ordentlichen oder fristlosen) Kündigungen, bei einer Eigenkündigung oder beim Aufhebungsvertrag der Fall.
Unser Tipp daher:
Wehren Sie sich in jedem Fall gegen die verhaltensbedingte Kündigung, wenn Sie sie für ungerechtfertigt halten. Reichen Sie Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein und lassen Sie prüfen, ob die Kündigung tatsächlich wirksam war. Nur wenn letzteres bejaht wird, kommt es tatsächlich zu einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld!
Wird die Kündigung später für unwirksam erklärt und das ALG I bereits einbehalten, erhalten Sie die Leistung der Agentur für Arbeitrückwirkend ausgezahlt.
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